Rede Heinz Soucek      

Meine sehr...... Ich darf Ihnen heute einen Künstler vorstellen, dessen Werk zum kuriosesten gehört was die Kunst der Gegenwart zu bieten hat. Heinz Soucek macht  Kunst aus Dosen. Nicht dass er der erste wäre, der die Dose in die Kunstgeschichte eingeführt hat - da gibt, oder gab es prominente Kollegen, wie Andy Warhol oder Jasper Johns in deren Motivkreis die Dose eine prominente Rolle spielt - bei Heinz Soucek jedoch ist die Dose zur Grundlage des Künstlerischen Schaffens geworden. Der Künstler Heinz Soucek ist, wenn Sie so wollen, ohne Dose gar nicht denkbar. Denn es war die Dose, die ihn zur Kunst gebracht hat. Es war im Sommer 2000 als die Tour de France durch die Freiburgs Straßen jagte und Tausende von durstigen Schaulustigen die Straßen säumten, als er seine Berufung zum Künstler erhielt. Dazu er selbst: „Als ich nach dem Rennen den Müll sah und eine Dose aus der Hecke fischte, habe ich sie plötzlich mit ganz anderen Augen gesehen: Sie war bunt, und bunt ist das Leben, und Leben bedeutet Freude." Wie sie aus diesen Worten entnehmen können, ist Soucek Optimist. Was für andere vielleicht der Anlass zu Schimpfkanonaden hätte werden können - eine vom Sport-Event zugemüllte Stadt - ist für ihn zum Motor der Inspiration geworden. Seitdem nämlich sammelt Soucek Dosen, wo er sie nur finden kann, bevorzugt im Colombi-Park, sortiert und reinigt sie sorgfältig, schneidet sie in Stücke verschiedenen Formats und verwandelt sie schließlich in den kostbaren Rohstoff, aus dem seine Bilderträume sind.

Um aus den Dosenstückchen ein Kunstwerk zu machen, greift Soucek auf eine Methode zurück, die zu den archetypischen Verfahren der klassischen Moderne zählt: das Prinzip Collage. Und kein geringerer als Pablo Picasso hat sie erfunden, zusammen mit seinem kongenialen Kollegen Georges Braque. Eher zögerlich begannen die beiden um 1910 Schnipsel von Tageszeitungen, Holzstückchen, Korbgeflecht und ähnliches in ihre Bilder einzuarbeiten. Das Bild sollte also nicht Illusion von Gegenständen sein, sondern Gegenstände im wahrsten Wortsinn des Wortes beinhalten. Das sollte sich als äußerst folgenschwer für die gesamte Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts erweisen. Denn bei harmlosen Papierschnipsel und banalen Holzstückchen sollte es nicht bleiben. Einige Jahre später- zur Zeit der Dada- Bewegung - begann sich Abfall in der Kunst breit zu machen, was seinerzeit - und das war die erklärte Absicht des Ganzen - die Bürger in Rage brachte. Heute, also fast hundert Jahre später, kann man damit kaum noch jemanden provozieren. Läuft man etwa durch die Basler Kunstmesse, die art, so stößt man allenthalben auf Kunst, die aus mehr oder weniger veredeltem Abfall ist: Da stößt man auf die kuriosen Maschinen von Jean Tanguely, die abgerissenen Plakatwände - die Dechiragen - von Mimmo Rotella, die zu Skulpturen gepressten Schrottautos von Cesar oder die Objekte von Beuys, um hier nur wenige herauszugreifen. Ja es gibt sogar eine veritable Kunstrichtung, die den Gebrauch von ärmlichstem Material zum Programm erhob: Die „Arte Povera". Italiens wichtiger Beitrag zum 20. Jahrhundert. Von all diesen - oft mit kühnen Theorien beladenen Kunstformen unterscheidet sich das künstlerische Treiben von Heinz Soucek grundlegend. Denn L'art pour l'art - das selbstgenügsame Treiben seiner berühmten Kollegen ist Souceks Sache nicht. Er begreift sich als Aktionskünstler, der in das Weltgeschehen eingreift, der mit seinen Dosenobjekten und -bildern nicht nur einen ästhetischen Reiz erzeugen, sondern auch zum Nachdenken anregen will. Sein Material, also die Getränkedosen ist dabei nur ein pars pro toto für den Müll schlechthin. Ziel seines künstlerischen Tuns ist - so sagt er es selbst - der Appell an die Menschen, gemeinsam gegen Müllberge vorzugehen. Und wenn das Zwangspfand für Dosen in Kraft tritt - die Dose sich also vom Müll in einen hochwertigen Rohstoff verwandelt (1. Jan 02 ?), dann wird sich Heinz Soucek neuen Herausforderungen stellen. Circa 50 Dosen-Bilder hat Soucek bis jetzt gemacht, in unterschiedlichen Formaten, mit den unterschiedlichsten Themen. Was Sie verbindet ist das intensive Leuchten der Farben und das Glitzern des Metalls. Die Farbe erinnert natürlich schon deshalb an die. amerikanische Pop Art, weil Künstler wie Warhol, Rauschenberg oder Lichtenstein seinerzeit auf die Signalfarben des modernen Produkt- und Verpackungsdesign zurückgegriffen haben. Das leuchtende Rot der Coca-Cola Dose hat nicht nur einen hohen Wiedererkennungswert, diese Farbe mit dem unverkennbaren Schriftzug hat sich bereits ins globale kollektive Gedächtnis eingegraben. Aus ihrem Funktionszusammenhang gerissen, wie hier in den Bildern von Heinz Soucek, gewinnt sie eine ganz neue irritierende Wirkung. Dazu kommt noch das Spiegeln und Glitzern des Blechs, was fast schon an mittelalterliche Reliquiare erinnert. Die Bildflächen werden dadurch unruhig und gönnen dem Auge des Betrachters wenig Ruhe. Doch schließlich will ja Soucek den Betrachter nicht beruhigen, sondern vielmehr aufrütteln, die Gefährdung der Umwelt durch Müll bewusst machen.

Soucek ist Quereinsteiger, Autodidakt und hat erst vor ein paar Jahren zur Kunst gefunden. Das Leben, das er vorher führte kann man wahrlich als abenteuerlich bezeichnen: Als Seemann hat er die Welt gesehen. Er kennt den Orinoko in Südamerika, die Karibik, Indien und Burma; er hat Katastrophen erlebt und überlebt und wäre fast ertrunken, er jobbte in den unterschiedlichsten Bereichen, als Koch, als Kaufmann oder als Bäcker. Ein aufregendes Leben also, das ihm die Welt aus vielen verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven zeigte. Und das schlägt sich auch in den Bildern nieder: Wir sehen die Skyline von New York aus dem die Türme des WTC herausragen und sich im Wasser spiegeln. Die Strenge Horizontalität der Komposition, die Soucek durch schmale Streifen erreicht suggeriert eine ungeheuere Weite und Raumtiefe. Aus der Ferne betrachtet verschmelzen die Einzelteile, hier also die Dosenstreifen zu einem Gesamteffekt. Ganz wie bei den Bildern eines Claude Monet, die, wenn man sie der Nähe betrachtet grobe und isolierte Pinselstriche zeigen. Entfernt man sich etwas, dann beginnen sie ineinander zu verschwimmen und erzeugen einen dynamischen Effekt. Die Farben scheinen sich zu bewegen, zu fließen. Dieser optische Effekt findet sich auch in den Werken von Heinz Soucek. Das können Sie gleich hier vor Ort mal ausprobieren Thematisch lässt sich Souceks Werk nicht so leicht auf einen Nenner bringen denn es ist gerade die Vielfalt die es auszeichnet: Neben den Städtebildern, die Ansichten von Dresden, Hongkong, Venedig, Sydney und Freiburg zeigen, finden sich Selbstporträts, ein tanzender Künstler und ein „Dosengirlie". Aber auch religiöse Themen (Kreuzigung) sind darunter.

Berühmtheit erlangt hat mittlerweile sein Freiburger Münster, das er aus 20 000 Dosenlaschen und 500 Dosen in Hunderten von Arbeitsstunden montierte. Auch hinter diesem Werk steckt soziales und ökologisches Engagement. Als Soucek im „Freiburger Wochenbericht" die Bitte Dr. Conrad Schroeders an den Bundeskanzler um Unterstützung für das Freiburger Münster gelesen hatte, schritt er spontan zur Tat. Innerhalb von nur zwei Stunden hat er 8 Sponsoren - Darunter auch die UBS - für sein Projekt gewinnen können. Ziel der Aktion ist Spenden für die Erhaltung des Wahrzeichens der Stadt zu sammeln. Ein außergewöhnliches und zugleich vorbildliches Engagement für die Gemeinschaft ist der Motor von Souceks Künstlerischem Schaffen. Und da möchte ich ihn zum Schluss noch mal selbst zu Wort kommen lassen: „Nur gemeinsam können Menschen ein Münster erbauen, nur gemeinsam können sie auch die Umweltprobleme lösen." Ich danke...............